Bild:_Burkhard Buder

Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung in Berlin - Zwischen manueller Tätigkeit und High-Tech

(08. Juni 2013) - Vor ca. 3 Jahren stellte Uwe Breuer, damals allein Südbayrischer Innungsmeister, einen Entwurf für die Neugestaltung des "Aufwachs- Kurses" (ÜLU Zahn 4/00 Herstellen von Zahnmodellation in Wachs) vor. Nachdem die zuständigen Institutionen den Inhalten zugestimmt hatten, wurde dieser Kurs als Überbetriebliche Unterweisung Zahn 4/11 vom HPI - Heinz Piest Institut für Handwerkstechnik - festgelegt. Schwerpunkt dieser ÜLU ist die Herstellung von Zahnersatz mit Hilfe der CAD-CAM Technologie.
Nach Schaffung der technischen Voraussetzung ist die Zahntechniker- Meisterschule Berlin-Brandenburg seit Anfang 2013 in der Lage, diese Unterweisung durchzuführen. Doch lässt sich das Erlernen von Zahnformen nur durch den Einsatz von CAD-CAM-Technik durchführen?

Wir, die Mitarbeiter der Meisterschule und der Vorstand der ZIBB meinten: Nein; es sollte händisches Modellieren in der Unterweisung verbleiben und mit der CAD-CAM Technologie verknüpft werden.

Unsere Meisterschule verfügt über eine hervorragende CAD Ausstattung. 8 Scanner wurden über das Kompetenzzentrum Innovative Technologie angeschafft und sind seither im Einsatz bei Weiterbildungen, Meisterausbildung und Meisterprüfung. Im Sommer 2012 machte sich unser Team - ZTM Anja Meißner und ZTM Kay Axthelm als unsere CAD-CAM Spezialisten - an die Arbeit: Konzepte schreiben, Urmodelle schnitzen, 24 Dublierformen herstellen, Scanner testen, Programme aufspielen, Datenbanken und Server konfigurieren.
Am 25. Februar 2013 konnten 12 Lehrlinge der Klasse Z 112 in einem ersten Durchgang das Anfertigen von Zahnersatz mit dem Rechner erlernen.
Zuerst wurden OK- und UK-Zeiserplatten gebohrt, Modelle ausgegossen, Stümpfe gesägt und präpariert, Arbeiten einartikuliert, wofür 70% der Lehrlinge einen Artex Artikulator mitgebracht hatten.

Danach ging es an die Scanner. Fr. Meißner zeigte die Bedienung des ceramill map300 von Amann Girrbach. In Zweiergruppen wurden die Modelle gescannt. Bereits über die Berufsschule wurden die theoretischen Grundlagen zur Erstellung von stl-Dateien vermittelt. Dafür Dank an die Berufsschule, mit der wir eine gute Abstimmung im Bereich CAD-CAM haben.
Da ein Zahn nicht nur schön sein soll, sondern auch Funktionen hat, wurden die Grundlagen wie Okklusaler Kompass und Okklusionskonzepte erklärt und praktisch im Artikulator demonstriert.
Am zweiten Tag wurde die dreigliedrige Brücke 34 36 vollanatomisch konstruiert, die Prämolaren für eine Verblendung bis auf eine orale Girlande reduziert. Der 6er aus der Datenbank wurde geschoben, gedehnt, die Höcker gezogen, bis die Stopps perfekt erarbeitet sind, so dass Hr. Polz seine Freude daran hätte.
Die Lehrlinge zippten ihre Daten, der Versand ins Fräszentrum erfolgte per E-Mail, die Teile kamen per Fahrradkurier zurück.
In der Zeit, in der im Fräszentrum die Teile gefertigt wurden, bewegten die Kursteilnehmer statt der Maus die Aufwachssonde. Die Lehrlinge waren wie immer voll dabei, ließen ihre Zahnformen korrigieren, freuten sich über jeden kleinen Tipp. Unterschiedlich waren die Ergebnisse; überrascht aber waren alle, als die Modellation als Wax up eingescannt wurde. Dieses Wax Up erfüllte die Anforderungen viel besser als der Datenbank-Zahn!

Hr. Wiechmann von der Fa. NTI brachte Fräsen, Diamanten und Gummis, um die ZiO2 Rohlinge aus dem Blank zu trennen, die Girlanden zu gummieren und die Ränder zu optimieren. Wir konnten die verschiedenen Werkzeuge ausprobieren, die besten wurden angeschafft. Vor dem Feierabend wurden die Weißlinge eingefärbt, der Sinterofen bestückt, dass Programm gestartet.
Am letzten Tag wurden die Brücken aufgepasst, die Passungen waren durchweg gut. Die Okklusion auf dem 6er musste eingeschliffen werden, da sah die Realität ganz anders aus als die virtuelle Welt!

Das Resümee der Lehrlinge: Es war toll, aber sie hätten sich doch noch mehr Zeit für das Modellieren mit Wachs gewünscht.
Die Lehrlinge zeigten sich fast alle als PC-geübt, den Umgang mit Scanner und dem Werkstoff ZiO2 wird auch ein Lehrling in kurzer Zeit beherrschen, ein Einsatz in der Fertigung sollte ohne Probleme bei einfachen Arbeiten möglich sein. Das händische Aufwachsen müssen die Lehrlinge im Labor auf jeden Fall auch weiterhin üben.

Autor: Burkhard Buder, Leiter der Zahntechniker-Meisterschule Berlin-Brandenburg

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